Zoom-Fatigue

Home-Office, Webkonferenzen, virtuelle Kaffeepausen. Was verlockend klingt, verliert bei einem zu viel davon an Reiz und wirkt ermüdend. Über „Zoom-Fatigue“ und wie man ihr entkommen kann.

Der Traum vom virtuellen Meeten

Morgens halb zehn in Deutschland. Der schnieke Geschäftsmann beißt genüsslich in seinen Nussriegel, greift zur Kaffeetasse, um sich mit beidem in aller Ruhe vor den Bildschirm zu setzen. Auf ins virtuelle Meeting mit den Kollegen! Wie praktisch, dass er sich für die dreistündige Strategiebesprechung diesmal den staubelasteten Arbeitsweg sparen und keinen Kopf um rote Ampeln, Baustellen oder „unfähige“ Rad- und Autofahrer machen musste. Rauben die ihm doch sonst regelmäßig den letzten Nerv und lassen seinen, typisch Sympathikotoniker, Blutdruck bereits vor Arbeitsbeginn auf mindestens 180 ansteigen. Wie oft schon hat er sich gesagt, „Stress lass nach“, wenn ich doch bloß aus dem Home-Office arbeiten könnte …

Sehnsucht nach Vor-Pandemie-Zeiten

… und nun ist sein Traum pandemiebedingt Wirklichkeit geworden, seit einem Jahr ist seine Küche zum Büro auf Zeit mutiert, der Ess- zum Schreibtisch umfunktioniert und der Küchen-zum Bürostuhl. Bequem und ergonomisch ist zwar etwas anderes, wegen der schwachen Internetleitung die Küche aber das einzige Plätzchen, wo das Arbeiten im Netz einigermaßen stabil klappt. Ein separates Arbeitszimmer hat er bislang kaum vermisst, spielte sich sein Arbeitstag doch immer im viel komfortableren und mit allem technischen Pipapo ausgestatteten Büro ab. Doch jetzt, in der Corona-Pandemie sieht das etwas anders aus.

Und allmählich stresst das Zuhause-Arbeiten

My home is my castle? Das war einmal, anstelle tagtäglich 24/7 auf die eigenen vier Wänden zu starren und Mitarbeiter und Kollegen nur noch auf den durch die Krise bekannt gewordenen virtuellen Kaffee zu treffen, sehnt er sich nach seinem alten Büroarbeitsleben zurück. Morgendliches Verkehrschaos hin oder her. Die Situation zu Hause mit den sich aneinanderreihenden Zoom-, Teams- und Google Meet-Meetings ermüdet ihn, macht ihn lustlos, erschöpft und stresst ihn. Neben der allgemeinen Pandemie-Müdigkeit hat ihn nämlich schleichend die „Zoom-Fatigue“ (Zusammensetzung aus Zoom und dem englischen Wort Fatigue für Müdigkeit) befallen. Eine besondere Spezies von Ermüdung, die auch vor den agilsten und energischsten Top Managern keinen Halt macht.

Warum? Zu viele Meetings, zu wenig Pausen, zu viele Personen, zu wenig nonverbale Signale, Mimik und Gestik. Dazu gesellen sich Augenprobleme durch das andauernde Starren auf den Bildschirm, Kopf- und Nackenschmerzen durch ungünstige Sitzpositionen sowie die webbedingte Übertragungsverzögerung von dem Gesprochenen der Meeting-Teilnehmer. Die nämlich bewirkt, dass das Video-Gegenüber unsympathischer und nicht ganz so freundlich, aktiv und ambitioniert auf einen wirkt. Gerade introvertierte Menschen belastet zudem das Gefühl im Online-Meeting stets auf Knopfdruck präsent sein und dann etwas Schlaues von sich geben zu müssen. Hinzu kommen, besonders bei allen Zoom & Co.-Neulingen, Ängste vor technischen Hürden, zum Beispiel, dass die Videokonferenz-Plattform abstürzt, Bild und/oder Ton nicht geht oder man daran scheitert, den Bildschirm zu teilen … die Liste an Widrigkeiten ist lang. Manchen ist es auch einfach unangenehm zu wissen, per Video von allen permanent gesehen zu werden. Unter Dauerbeobachtung zu stehen.

Stresstypen reagieren unterschiedlich auf Zoom-Fatigue

Wie mit diesem Videoconferencing-bedingtem Stress umgegangen wird, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Während der schnieke Geschäftsmann als Sympathikotoniker am liebsten aus der Haut fahren würde und sich des Öfteren mit einem Wutanfall Luft macht, reagiert sein Kollege, der vom Stresstyp her Vagatoniker ist, nach außen ruhig. Dafür brodelt es in seinem Inneren und er leidet vielleicht an Bauchschmerzen oder einem anderen körperlichen Unwohlsein. Wie die beiden Stresstypen in der Regel auf akuten Stress reagieren, veranschaulicht folgende Grafik:

Stresstypen bei Zoom-Fatigue

Wege aus der Zoom-Müdigkeit

Doch wie wacht man aus der Zoom-Fatigue auf? Wie ist sie zu meistern, gerade mit dem Unwissen darüber, wie lange die Corona-Krise uns noch begleiten und unser Arbeitsleben beeinflussen wird?

Ganz konkret und auf fünf Punkte gebracht:

  1. Multitasking vermeiden
  2. Zwischendurch Pausen machen
  3. Auf Personen statt Hintergründe konzentrieren
  4. Meeting-Dauer & -Anzahl minimieren
  5. Mal telefonieren, statt zu zoomen

Diese Hints beachtet und umgesetzt, hat man gute Chancen in Sachen virtuellem Arbeiten einen entspannteren Umgang zu finden und diesen derzeit „normalen“ webbasierten Arbeitsalltag aufgewacht zu bestreiten. (Dann schmeckt auch obiger Nussriegel wieder umso besser.)

Tipp: Wer sich in einer ähnliche beruflichen Lage befindet, aus dem Home-Office arbeitet und sich aus dem alltäglichen digitalen Wahnsinn von zu Hause aus befreien möchte, findet in einem individuell auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmten Einzelcoaching Hilfe.



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