Krise der mittleren Jahre

Von Berufswünschen aus der Kindheit über die Ausbildung bis hin zum erfüllenden Job bestreiten wir circa zehn Karrierephasen. Warum es in Phase sieben oftmals kriselt und der berufliche Werdegang hinterfragt wird? Es scheint nach einigen Jahren Berufstätigkeit einen natürlichen Drang zur Neuorientierung zu geben. Ob komplett anderer Beruf oder das Finden neuer Impulse – so lässt sich die Krise der mittleren Jahre nutzen.

Wachsen, phantasieren, erkennen

„Wenn ich groß bin, werde ich Feuerwehrmann“. „Ich will auf alle Fälle als Tierärztin arbeiten“, „Ich fliege mal die größten Jumbojets der Welt“, – wir alle kennen diese Berufswünsche aus unserer Kindheit, ob unsere eigenen oder die von Freunden. Doch diese in die Tat umgesetzt? Haben wohl die wenigsten, sind unsere beruflichen Visionen aus der Kindheit noch eher Fantasien und vage Vorstellungen von dem, was es bedeutet, mal einen Beruf auszuüben (und, in diesem erfolgreich zu sein). Zuallererst steht ohnehin die Schulausbildung an, unsere Eingangstür für jede Form beruflicher Entwicklung.

Lernen und Berufsausbildung

Erst einige Schuljahre später kristallisieren sich konkretere Berufswünsche heraus. Eine Ausbildung oder ein Studium wird anvisiert und die dafür notwendigen schulischen Voraussetzungen geschaffen, die je nach Karriereziel recht unterschiedlich sein und weniger oder mehr Entscheidungen abverlangen können. Das auf einen bestimmten Beruf ausgerichtete Lernen beginnt und mündet schließlich in einem Abschluss. Jetzt heißt es Feuer frei und den ersten Job antreten.

Eintritt in das Berufsleben und Sozialisation

Am Arbeitsplatz angekommen müssen wir uns erst mal um- und einstellen auf eine ganz andere Welt nämlich der jeweiligen Unternehmenskultur. Neben vielleicht logischem Denken, Fachwissen und Vernunft ist plötzlich auch Fingerspitzengefühl im Umgang mit Kollegen und deren Emotionen gefragt. Allmählich begreifen wir, was die reale Arbeitswelt bedeutet und erkennen die eigenen beruflichen Möglichkeiten in dieser, wir sozialisieren uns. Je verantwortungsvoller der Beruf ist, desto länger und intensiver ist diese Sozialisationsphase.

Akzeptanz und Dauerhafte Beschäftigung

Jetzt entscheidet sich, ob wir in dem gewählten Beruf und/oder in der gewählten Organisation bleiben möchten. Irgendwann, vielleicht durch formelle Rituale oder eine übertragene besondere Aufgabe, zeichnet sich dann ab, dass wir als vollwertiger Mitarbeiter akzeptiert und ernstgenommen werden. Zeitgleich fühlen wir uns selbst der Organisation oder Berufsgruppe zugehörig und in ihr verankert. Auf diese Weise entwickeln wir einen deutlicheren Zugang zu eigenen Fähigkeiten, Stärken und Schwächen. Während der ersten fünf bis zehn Jahre erfahren wir, ob man im Unternehmen dauerhaft dazugehört. Solange unsere dortige Rolle gebraucht wird, wir zufriedenstellend arbeiten und sogar befördert werden, scheint die berufliche Zukunft gesichert zu sein. Wahrscheinlich ein Arbeitsleben lang. Doch…

Krise der mittleren Jahre

… ähnlich der berühmt berüchtigten Midlife Crises beginnt es bei vielen Menschen, wenn sie schon ziemlich lange beruflich tätig sind, in puncto Job zu kriseln. Plötzlich kommen Fragen über die ursprüngliche Berufswahl auf wie

• Habe ich tatsächlich den richtigen Beruf ergriffen?
• Habe ich all das erreicht, was ich mir ursprünglich erhofft habe?
• Was habe ich schon erreicht, war es die Opfer wert?
• Soll ich so weitermachen oder soll ich mich verändern?
• Was will ich mit meinem restlichen Leben anfangen, wie passt mein Beruf zu meinen Plänen?

 

Karrierephasen Leitermodell

In dieser als „Krise der mittleren Jahre“ betitelten 7. Karrierephase nehmen wir eine Art Neuorientierung der eigenen Person vor, insbesondere im beruflichen Kontext. Diese Neuorientierung ist freiwillig, also aus eigenem Antrieb, um zu neu entdeckten beruflichen Zielen zu gelangen oder uns erneut zu bestätigen, beruflich richtig zu liegen. Manchmal wird eine Neuorientierung aber auch unfreiwillig und ganz unabhängig der kritischen Phase 7 nötig, weil wir unseren Job verloren haben. Dann heißt es, neue Wege einschlagen zu müssen. Viele der durch die Coronakrise von der Kündigung Betroffenen kennen diese Lage des unausweichlichen beruflichen Neudenkens.

Neuer Schwung oder Ausklingen?

Wie so eine Neuorientierung aussieht und die verbleibende Zeit im Beruf genutzt werden soll, ist individuell. Jeder Berufstätige entwickelt in dieser Phase eigene, auf seine Person zugeschnittene Lösungen, die die nächsten Schritte bestimmen. Für manche bedeutet dies, die Karriereleiter so weit wie nur möglich hochklettern zu wollen, für andere hängt damit eine Neudefinition von Arbeitsfeldern zusammen, in denen wir weiterhin tätig sein möchten. Und für viele umfasst dies auch komplizierte und komplexe Überlegungen, wie Beruf, Familie und eigene Interessen am besten unter einen Hut zu bringen sind.

Loslösung und Ruhestand

Je nachdem, wie viele Berufsjahre noch vor uns liegen, führt diese Phase womöglich auch zum Schluss, sich beruflich nicht weiter engagieren zu wollen, sondern allmählich den Ruhestand einzuläuten. Die eigenen Fähigkeiten, Motive und Werte erfordern in diesem Fall kein „Höher, schneller, weiter“, auch wenn der ursprüngliche Kindheitswunsch, einen Jumbojet zu steuern, lediglich ein Traum blieb.

 

Tipp: In der Phase der beruflichen Neuorientierung kann ein Job-Coaching hilfreich sein. Es unterstützt herauszufinden, welche persönliche Vision wir für das Berufsleben haben und wie dies ganz konkret erreicht werden kann. Ergänzend dazu: das Bewerbungstraining, für all die, deren Entscheidung feststeht, sich beruflich neu aufzustellen.



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